Am 26. April 2024 feiert Tom Pauls seinen 65. Geburtstag.
Am 26. April 2024 feiert Tom Pauls seinen 65. Geburtstag. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

65. Geburtstag Tom Pauls: 13 überraschende Fakten zu seinem Leben

26. April 2024, 04:00 Uhr

Tom Pauls ist Schauspieler, Kabarettist, Musiker – und ein urkomischer Sachse. Als Kind versuchte er noch, seinen Dialekt zu kaschieren, heute gilt er als selbstbewusster Streiter für die "fischelante" Mund- und Lebensart. In der Rolle der renitenten Rentnerin Ilse Bähnert, als Stiftungs- und Theatergründer machte der gebürtige Leipziger und Wahl-Dresdner von sich reden. Am 26. April 1959 wurde er in Leipzig geboren und feiert nun seinen 65. Geburtstag. Kein Grund, Ruhe zu geben. Dafür sprechen diese Fakten über sein Leben und seine Karriere.

1. Tom Pauls war ein rebellisches Kind

"Ich hatte immer große Schwierigkeiten in der Schule", hat er mal im "Sonntagsbrunch" bei MDR SACHSEN gestanden. Genauer gesagt hat er "die Schule gehasst und geschwänzt". Lieber war er als Grabräuber unterwegs und zündelte gern mal, wie er in seiner Autobiografie "Das wird mir nicht nochmal passieren – Meine fabelhafte Jugend" offenbart.

"Wahrscheinlich, weil ich klein und mickrig war, ich musste mich durchsetzen, mein Leben lang. Und das hat mich geprägt", erzählt er in der MDR-Reihe "Lebensläufe" über den Ursprung seines Hangs zum Blödsinn und "die große Gusche". Seine Freizeit spielte sich damals rund ums Leipziger Völkerschlachtdenkmal ab, oben auf der Plattform, aber auch in den Katakomben.

Völkerschlachtdenkmal bei Sonnenuntergang
Rund ums Völkerschlachtdenkmal Leipzig verbrachte Tom Pauls einen Großteil seiner Freizeit in Kindheit und Jugend. Bildrechte: imago images / imagebroker

2. Dirigierte Mozart mit dem Holzquirl und sang im Rundfunk-Kinderchor

Dass doch noch ein "einigermaßen kultivierter Mensch" aus ihm wurde, führt Tom Pauls auf seinen frühen Klavier- und Gitarrenunterricht zurück. Als Sechsjähriger dirigierte er bereits Mozart-Sinfonien mit dem Holzquirl vor dem heimischen Plattenspieler. Als Siebenjähriger begann er, im Rundfunk-Kinderchor Leipzig mitzusingen. Dort lernte er unter dem gestrengen Leiter Hans Sandig – etwa bei den mehrstündigen Aufnahmen im Funkhaus – "Disziplin, Geduld zu haben und durchzuhalten", erinnert sich Tom Pauls im Gespräch mit MDR KULTUR zum 75. Kinderchor-Jubiläum.

Hans Sandig
Im Rundfunk-Kinderchor in Leipzig wirkte Tom Pauls schon als Siebenjähriger mit. Leiter Hans Sandig (r.) hat er etwas strenger in Erinnerung. Bildrechte: MDR/Chr. Sandig

3. Erste große Rolle als "Fettwanst"

Über den Chor hat Tom Pauls auch sein Talent für die darstellende Kunst entdeckt. Trotz der eher zarten Statur bekam er seine erste große Rolle als "Fettwanst" in einer von Hans Sandigs Kantaten. Umgeschnallt wurde ihm ein dicker Kunst-Bauch, am Kopf trug er eine Fasanenfeder. So trat er auf "als abschreckendes Beispiel für ungesunde Ernährung", musste schwärmen vom "Knödel, groß wie'n Kahn", während der Chor ihm empfahl, neben Obst, Gemüse, Fisch und Quark, mache auch Vollkornbrot groß und stark. "Etwas didaktisch. Aber wir haben Spaß gehabt", resümiert Pauls.

4. Seine erste Band hieß wie eine Fruchtlimo der DDR

Anfang der 70er-Jahre stieg Tom Pauls aus dem Rundfunk-Kinderchor aus. Es wurde ihm zu ideologisch. Auf dem Programm standen Titel wie "Dank euch ihr Sowjetsoldaten" und "Hammer und Zirkel im Ährenkranz/Zeichen des Glücks an der Wiege" – "und zu Hause hatte ich von meiner West-Oma die Schallplatten von Jimi Hendrix". Für ihn eine Offenbarung. Seine erste Band mit ihm als Gitarrengott hieß The Dulcios, benannt nach einer DDR-Fruchtlimonade. Ein Lied aus der Kinderchor-Zeit begleitet ihn allerdings bis heute: "Besuch im Zoo", das Lied vom Pony Hopp: "Das kennen alle, die in der DDR aufgewachsen sind. Und das das bringe ich heute noch manchmal als Gag."

Porträt Tom Pauls 89 min
Bildrechte: MDR/Heinrich

5. Schon immer ein flottes Mundwerk

Neben dem flotten Mundwerk zeigte sich bei Tom Pauls früh eine besondere Sprachbegabung. So war er schon als Kind in der Lage, sich in andere Mundarten einzuhören und sie nachzuahmen. Im Ferienlager an der Ostsee, wo er den Dialekt der Fischköppe in kurzer Zeit draufhatte, war das "überlebenswichtig", wie er ebenfalls mal im MDR-Sonntagsbrunch berichtet hat. So habe er keine Prügel mehr einstecken müssen; "als Sachse, der an der Küste wenig beliebt war".

6. Paraderolle: Ilse Bähnert

Heute gilt Tom Pauls als selbstbewusster Streiter fürs Sächsische. Ihm ist das Kunststück gelungen, die besondere Mund- und Lebensart in der Rolle einer renitenten Rentnerin populär zu machen: "Seine" Ilse Bähnert ist inzwischen eine Kultfigur. Gefunden hat er "die Bähnerten" einst bei der Leipziger Dichterin Lene Voigt (1891-1962), deren Klassiker-Übersetzungen in die sächsische Mundart die Nazis einst als "unheldisch und jüdisch" verfemten. Pauls erweckte sie mit dem Vornamen Ilse 1991 in Dresden zu neuem Leben, fortan erklärte sie dem TV-Publikum die Welt vor und nach der Wende.

Tom Pauls als Ilse Bähnert
Tom Pauls in seiner Paraderolle als Ilse Bähnert Bildrechte: MDR/Gerhard Hopf

Zu 60 Prozent gleicht Ilse Bähnert meiner Ost-Oma Charlotte in ihren Lebensansichten. Für die anderen 40 Prozent habe ich mich von meiner Nachbarin aus Leipzig inspirieren lassen, die ungenannt bleiben soll.

Tom Pauls

1992 bekam Ilse Bähnert einen Partner, Herrn Zieschong, den Uwe Steimle spielte. Mit ihrer "Ostalgie"-Show trafen sie den Nerv der Neunziger. Irgendwann ging es Pauls "auf den Kranz": "Und dann habe ich gesagt, es hat sich ausgeostet."

7. "Budzsch" oder das sächsische Wort des Jahres

Vom Sächsischen kriegt Tom Pauls hingegen nie genug. 2007 gründete er die Ilse Bähnert Stiftung zur Erhaltung und Pflege der Sächsischen Kultur und Sprache. Seit 2008 wird von der Stiftung das sächsische Wort des Jahres auserkoren. 2023 fiel die Wahl auf "budzsch". Pauls findet, Dialekte müssen als "Kultur-Zustand" doch "geheescht und gepflescht" werden. Besonders der ungeliebte sächsische, der verbunden sei mit dem Vorurteil, die, die ihn sprächen, seien "alle blöde oder rechts". "Es ist doch ein illustrer Volksstamm. Bei aller Kritik. Der hat in Deutschland einen großen Stellenwert in der Historie. Auch mit seiner Geschichte, immer auf der falschen Seite zu stehen, aber kunstsinnig zu sein", sagt er mit einem Hauch Selbstironie im MDR-Porträt.

8. Auch im Fernsehen, Theater und mit dem Zwingertrio erfolgreich

Tom Pauls überzeugt nicht nur als "komische Alte". Er ist ein Voll-Profi, der sich auch nach der Wende durchgesetzt hat. Er war Sketchpartner von Dieter Krebs oder Jürgen von der Lippe. Er spielte in zahlreichen Filmen und Fernsehserien wie "In aller Freundschaft". Er stand in Dresden als Frosch in "Der Fledermaus" oder als Professor Higgins in "My Fair Lady" auf der Bühne. Zuletzt, 2023, begeisterte er als Erzähler in einer sächsischen Version von Mendelssohns "Sommernachtstraum" mit dem MDR-Orchester im Leipziger Gewandhaus das Publikum.

Tom Pauls studierte an der Theaterhochschule "Hans Otto" in Leipzig, war Ensemble-Mitglied am Dresdner Staatsschauspiel. 1982 stellte er mit Peter Kube und Jürgen Haase ein Liederprogramm auf die Beine, das eigentlich nur als Studentenulk gedacht war. Doch das "Zwingertrio" gibt es bis heute. Die Mischung aus Kabarett, Nonsense und Musik kam an. Die Popularität scheint ungebrochen. "Heute könnte das Trio auf einem beliebigen Platz in Dresden auftreten und aus dem Telefonbuch vorlesen, der Erfolg wäre vorprogrammiert", urteilte Martin Linzer in "Theater der Zeit".

So fing es 1982 an: Peter Kube, Tom Pauls und Jürgen Haase - drei Schauspielstudenten formierten sich zum Zwingertrio, um auf einer Party als lustiges Salon-Ensemble die langbeinigen Tänzerinnen von der Semperoper zu unterhalten und zu erobern.
So fing es 1982 an: Peter Kube, Tom Pauls und Jürgen Haase formierten sich zum Zwingertrio, um auf einer Party als lustiges Salon-Ensemble die Tänzerinnen der Semperoper zu unterhalten und zu erobern. Bildrechte: MDR/Zwingertrio

9. Tom Pauls ist ein Familienmensch

Am Staatsschauspiel Dresden fing nicht nur Pauls' Karriere als Schauspieler an, hier lernte er "ä Mädchen vom Ballett" kennen. Mit Sibylle ist er bis heute verheiratet und hat drei Söhne. Inzwischen stehen sie als Band mit dem Vater auf der Bühne und die bekannte Tänzerin und Choreografin Irina Pauls, Toms Schwester, übernimmt die Inszenierung.  

10. Eigenes Theater in Pirna

Nach der Wende nahm sich Tom Pauls die Freiheit, sich selbständig zu machen. Das Burgtheater Stolpen oder den Dresdner Theaterkahn begründete er mit. 2011 eröffnete er das Tom-Pauls-Theater in Pirna. "Ein bisschen eitel", sagt er selber. Aber er habe keine Lust mehr gehabt, herumzufahren.

Schauspieler Tom Pauls
Tom Pauls vor der Eröffnung seines Theaters 2011 in Pirna Bildrechte: picture alliance / dpa | Oliver Killig

Immerhin residiert sein erstes eigenes Theater im ältesten Baumeisterhaus Deutschlands, das er vor dem Verfall rettete. Restaurierung und Umbau des 500 Jahre alten Gebäudes dauerten drei Jahre, sie gelangen dank der Stiftung, vielen Mitstreitern und Millionen Fördermitteln. Geschaffen hat er damit ein kulturelles Zentrum für Pirna, das 2013 gleich wieder aus den Fluten gerettet werden musste. Der Hochwasser-Pegel auf dem Markt stand bei 1,40 Metern. Lakonisch kommentiert Pauls im MDR-Porträt, angesichts der langen Geschichte seien wohl schon einige Fluten durch das Haus gegangen. Er sei umgeben von Leuten, die ihm Kraft geben und im Bewusstein, nur ein Teil der Geschichte zu sein.

Tom Pauls im Sachsenradio-Studio 45 min
Bildrechte: K. Henkel

11. Großer Trödler

Dennoch hängt er an alten Dingen. Eine seiner großen Leidenschaften ist das Trödeln. Besonders angetan haben es ihm historische Stühle, Radios, Blechschilder, Gewehre oder Munition.

Allerdings geht ihm das Militärische ab und er denkt mit Schrecken an seine NVA-Zeit zurück: "Zur leuchtenden Sonne im Grau des fürchterlichen Armeealltags" wurde ihm der Singeklub "Thomas Müntzer", in dem er mitwirkte. Alle Sänger waren ehemalige Mitglieder des Leipziger Thomanerchores. Am 26. April 1979 radelte Pauls mit seinem Freund Paul auf einem Tandem aus der Weißenfelser Kaserne, erinnert er sich noch heute, im Rückblick war es für ihn "einer der glücklichsten Tage in meinem Leben".

12. Felssturz in der Sächsischen Schweiz

Dass Tom Pauls am 26. April 2024 nun seinen 65. Geburtstag feiern kann, hat er auch einem glücklichen Umstand zu verdanken. Beim Wandern in der Sächsischen Schweiz entging er Anfang 2016 nur knapp einem Felssturz. Mit seiner Frau Sibylle war er am Rauenstein bei Struppen unterwegs, als ein tonnenschwerer Brocken in die Tiefe krachte: "Wir waren nicht einmal 100 Meter von der Absturzstelle weg."

Tom Pauls 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

13. Wanderer und Romantiker mit Ambition

Dabei liebt der Wahl-Dresdner Ausflüge in das Gebirge vor der Haustür, und das hat auch mit den Romantikern zu tun. Deren Bildwelt kennt er seit seiner Kindheit "durch die wunderbaren Märchenillustrationen von Ludwig Richter": "Und später, als ich dann hierher kam nach Dresden und in die Sächsische Schweiz, bin ich zum Sammler geworden." Seine romantische Seite zeigt er im Caspar-David-Friedrich-Jahr 2024 mit der Ausstellung "Wandergefährten" im Theater in Pirna. Friedrich berühre die Sehnsucht nach Natur und Religiösität im Menschen, meint Pauls über die große Popularität des Malers im MDR-Gespräch zur Vernissage.

Tom Pauls von hinten
Wanderer über dem Nebelmeer: Tom Pauls ist Romantiker und liebt Ausflüge in die Sächsische Schweiz. Bildrechte: Tom Pauls

Um nicht zu feierlich zu werden, verweist er auf den der Schau zugrunde liegenden Wanderführer von 1794, über den er "manchmal sehr lachen musste". Zum Beispiel würde darin berichtet, was Rathen für ein "elendes Nest" sei, mit "ungenießbarem Essen" und "unfreundlichen Menschen".

Apropos Märchen: Im Sommer ist Tom Pauls als Holländermichel im "Kalten Herz" auf der Felsenbühne zu erleben, in einer Fassung von Peter Kube. Und bis zum 5. September 2024, dem 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich will Pauls mit Hilfe der Stiftung auch noch die Sanierung der letzten heute etwas unansehnlichen Ruhestätte des Malers auf dem Trinitatis-Friedhof in Dresden in Gang bringen.

Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls in der Rolle des Holländer-Michels.
Im Sommer ist Tom Pauls als Holländer-Michel im "Kalten Herz" auf der Felsenbühne Rathen zu erleben. Bildrechte: IMAGO/C3 Pictures

Buchtipps Tom Pauls: "Das wird mir nicht nochmal passieren. Meine fabelhafte Jugend"
235 Seiten
Aufbau Verlag
ISBN: 978-3-351-03600-3

Tom Pauls: "Meine Lene"
Eine Liebeerklärung an die Dichterin Lene Voigt
336 Seiten
Aufbau Verlag
ISBN: 978-3-351-03689-8

Quellen: MDR, MDR Sachsen, MDR Lebensläufe

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Lebensläufe | 25. April 2024 | 23:10 Uhr

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