Eine Frau in einem Wartezimmer
Vier Tage in der Praxis, ein Tag für Bürokratie und Weiterbildung – ein Vorschlag mit Zukunft? Die Krankenkassen halten hiervon nichts. Bildrechte: IMAGO / Geisser

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte Krankenkassen halten nichts von 4-Tage-Wochen für Arztpraxen

09. Januar 2023, 16:31 Uhr

Sachsens Ärztekammer findet den Vorschlag einer Vier-Tage-Woche für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gut. Die Krankenkassen reagieren ablehnend. Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes nannte den Vorschlag des Virchowbundes absurd.

Unterschiedliche Meinungen zur Vier-Tage-Woche

In der Praxis von Marina Simenson werden viele russischsprachige Patientinnen und Patienten behandelt. Im Wartezimmer sitzt eine junge Frau und schaut auf ihr Handy. Heute ist ausnahmsweise wenig los, sonst ist die Praxis knackevoll. Ärztin Marina Simenson hält deshalb vom Vorschlag einer Vier-Tage-Woche schlicht nichts.

"Wenn wir die Praxis einen Tag in der Woche schließen, wo sollen die Patienten hingehen? Die gehen alle in die Notaufnahme. Und in der Notaufnahme sind die Kollegen schon so überlastet. Wenn wir die Praxis einmal die Woche schließen, müssten wir die ganze Arbeit von fünf Tagen auf die vier Tage verlagern", erklärt Simenson.

Einen Tag in der Woche dafür die Praxis schließen, nützt mir nichts, weil ich dann in den vier restlichen Tagen hier komplett kaputt bin.

Marina Simenson, Ärztin

Mehr Bürokratie in Praxen

Der Virchowbund hatte für seinen Aufruf mehrere Gründe genannt. Einer davon ist die hohe Bürokratie in den Praxen, die deutlich zugenommen habe. Zumindest das kann Simenson bestätigen. Ihre Praxis bekäme beispielsweise Anfragen von Krankenkassen und der Rentenversicherung:

"Wir müssen für die Patienten Reha- oder Mutter-Vater-Kind-Kuren Anträge stellen. Das machen wir alles außerhalb der Arbeitszeiten, das ist nicht schön. Aber deshalb einen Tag in der Woche dafür die Praxis schließen, nützt mir nichts, weil ich dann in den vier restlichen Tagen hier komplett kaputt bin."

Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich

Der Virchowbund hatte den Mittwoch vorgeschlagen – weil mittwochs sowieso viele Fortbildungen stattfinden würden. Dazu soll es für die Vier-Tage-Woche den vollen Lohnausgleich geben. Das Geld ist generell ein zweiter Grund für die geforderte Schließung. Arztpraxen hätten mit hohen Energiepreisen zu kämpfen, gleichzeitig würden ihnen Gelder gestrichen.

Erik Bodendieck, der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer findet die Vier-Tage-Woche gut:

"Wir haben die Inflation auszugleichen. Und zugleich haben wir natürlich weiterhin Budgetierungen. Ganz anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, dreht Herr Lauterbach alle Maßnahmen, die bisher in Richtung Entbudgetierungen gingen, zurück. Und das heißt, wir haben nach wie vor ab einem gewissen Zeitpunkt im Quartal, unterschiedlich für jede Arztgruppe, unterschiedlich für jeden Arzt, kein Geld mehr für unsere Arbeit."

Landesärztekammer fordert Entbudgetisierung

Entbudgetierung heißt: Die Budgets der Praxen sollen laut Koalitionsvertrag eigentlich nicht mehr gedeckelt sein. Jede Behandlung bis zum Quartalsende soll also auch vergütet werden. Wegen des Geldes jetzt aber eine 4-Tage-Woche zu fordern, kann der Sprecher des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung, Florian Lanz, nicht nachvollziehen:

"Man muss sich mal vorstellen: Ein Praxisinhaber erwirtschaftet pro Jahr weit über 215.000 Euro, die er als Ertrag der Praxis hat. Und jetzt kommt der Virchowbund und sagt: Wir wollen auf eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich umsteigen, das ist doch wirklich ein bisschen absurd."

Hausärztin Marina Simenson drückt es ein bisschen diplomatischer aus: "Ich hätte gerne mehr Zeit. Aber das kann ich mir nicht gönnen", sagt sie.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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