Serkan Beyde (2.v.l.) aus der Türkei und weitere Zuwanderer nehmen an einem Integrationskurs für Zuwanderer des Bundesamtes für Migration (BAMF) teil.
Sachsen will Menschen mit Migrationshintergrund per Gesetz fördern. Wie genau, bleibt unkonkret. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sven Hoppe

Integrationsgesetz Sachsen schreibt Integration und Teilhabe gesetzlich fest

02. Mai 2024, 05:00 Uhr

Am Donnerstag will die sächsische Regierung im Landtag ein neues Integrationsgesetz verabschieden. Sachsen ist damit das erste ostdeutsche Bundesland, das die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund gesetzlich festschreibt.

In den letzten Wochen und Monaten musste man eigentlich das Gefühl haben, die sächsische Regierungskoalition hätte das Arbeiten eingestellt und befinde sich schon im Landtagswahlkampf.

Waren in den letzten Wochen das Vergabe- oder Agrarstrukturgesetz und auch eine Verfassungsänderung noch mit großem öffentlich ausgetragenem Koalitionsstreit gescheitert, gab es dafür beim Integrationsgesetz keinen Schlagabtausch. Stattdessen strahlt man aus der Koalition Versöhnlichkeit aus.

Maßnahmen zur Unterstützung Das "Sächsische Gesetz zur Intergrations- und Teilhabe für Menschen mit Migrationshintergrund" (SächsIntG) legt fest, dass Spracherwerb gefördert wird, Lehrerinnen und Lehrer spezifisch geschult und weitergebildet werden, um Integration schon früh zu ermöglichen. Und es sollen "migrations- und arbeitsmarktspezifische Beratungs- und Unterstützungsangebote bereitgestellt werden", die bundesrechtlich geregelte Integrationsangebote ergänzen und zu deren optimaler Nutzung beitragen.

"Wenn es darauf ankommt, Gesetze, die wir uns vorgenommen haben, noch zu beschließen, dann können wir natürlich zusammenarbeiten", sagt die Integrationspolitische Sprecherin der Grünen, Petra Caglaj Sejd.

Integrationsgesetz ist Kompromiss

Ist das Integrationsgesetz also ein Erfolgserlebnis? Caglaj Sejdi sagt: "Also ich will da ganz offen sein, unser Traumgesetz ist das nicht. Wir haben wesentlich mehr erwartet und auch von unserer Seite wesentlich mehr reingegeben. Es ist ein Kompromiss, als solches sehen wir das auch."

Denn konkrete Vorgaben, die sich SPD und Grüne gewünscht hätten, hatte der dritte Koalitionspartner, die CDU, wieder aus den Entwürfen herausstreichen lassen. Stattdessen sind in dem Gesetz nun eher weiche Leitlinien, zum Beispiel "Fördern und Fordern" festgeschrieben, statt klare Pflichten für die Kommunen.

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Das sei aus gutem Grund passiert, sagt CDU-Integrationspolitiker, Tom Unger: "Es war uns wichtig, dass wir hier Kann-Regelungen haben und keine Muss- oder Soll-Vorschriften etablieren, weil Integration im Freistaat Sachsen verschieden ist." Im Erzgebirgskreis oder in Bautzen funktioniere Integration anders als in großen Städten wie Leipzig und Dresden. Hier gebe man das Vertrauen in die kommunale Ebene zurück.

Kommunen entscheiden selbst

Die Kommunen sollen selbst entscheiden, ob und wie sie Integrationsmaßnahmen umsetzen, sagt Unger und sieht damit die Kommunale Selbstverwaltung gestärkt. Dies allerdings zu einem Flickenteppich der Lebensverhältnisse und Startbedingungen der Menschen mit Migrationshintergrund führen kann, kritisieren Wohlfahrtsverbände wie der Paritätische Sachsen.

Der Verband lobt zwar die Aufstellung eines Landesbeirats für Integration und das der Freistaat grundsätzlich Mittel für Integrationsmaßnahmen in Aussicht stellt. Aber auch hier bleibe das Gesetz zu schwammig, sagt Hendrik Kreuzberg.

Damit das Gesetz seinen eigenen Ansprüchen gerecht werde, müsse auf jeden Fall noch der Bereich der Finanzierung nachgeschärft werden, sagt Kreuzberg. Das sei momentan ein großes Handlungsfeld in Sachsen. Er ergänzt: "Ich glaube nicht, dass zu viel Fordern drinsteckt. Im Gesetz steckt eher zu wenig Fördern."

Linkspartei kritisiert Gesetzesvorschlag

Die Linkspartei in der Landtagsopposition sieht den Vorschlag der Regierung so kritisch, dass sie heute ihren eigenen Entwurf einbringen wird. Laut der Sprecherin für Integration, Juliane Nagel, fehlen dem Gesetz der Kenia-Koalition wesentliche Aspekte für ein Integrationsgesetz.

Es würden verbindliche Strukturen, Garantien für Menschen mit Migrationsgeschichte und auch konkrete Marker für eine interkulturelle Öffnung der Behörden fehlen, sagt Nagel. Es bleibe bei einer Absichtserklärung, auf die man deshalb fast sogar verzichten könne.

Dennoch wird der Landtag am Donnerstag wohl dem Entwurf der Staatsregierung zustimmen. Schließlich hatten Grüne und SPD ein Integrationsgesetz in den Koalitionsvertag schreiben lassen. Auch wenn wohl die CDU am glücklichsten mit der endgültigen Gesetzesfassung ist.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. Mai 2024 | 05:00 Uhr

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